Informatik Internet & Urheberrecht
Copyright

S. Spolwig

 

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Nur eine Posse?

Lehrstück und Dokumentation
über den Umgang
mit Urheberrechten in der Schule


Einleitung

Die Schule hat das Internet erreicht und umgekehrt. Seine Nutzung kann das Lernen unterstützen oder  auch nur als Beschäftigungstherapie dienen. Die Lehrer versuchen ihren Schülern den richtigen Umgang mit dem Web beizubringen. Oft stehen nur die technischen Fertigkeiten im Vordergrund, die Probleme und Regeln kommen zu kurz.

Unbedarfte Lehrer staunen über die sprunghaft gestiegene Qualität von Referaten und Hausarbeiten mancher Schüler. Dass es nahezu zu jedem Thema fertige Arbeiten zum Herunterladen gibt, hat sich immer noch nicht überall herumgesprochen. In USA werden an einigen Universitäten Studenten exmatrikuliert, die man beim 'Abkupfern' erwischt.
Was soll man aber sagen, wenn Lehrer das selbst ihren Schülern vormachen? Manch einer glaubt vielleicht, dass alles, was im Internet steht, frei verfügbar ist. Das ist bei weitem nicht so.

Unsere Schule hatte auch ihr Lehrgeld zu zahlen. So um 1995, als die ersten Schülerarbeiten ins Web gestellt wurden, hatte ein Schüler einen 15 x 10 cm großen Ausschnitt aus einer Seite mit einer Straßenkarte herauskopiert und in seine Arbeit kunstfertig eingefügt. Ein halbes Jahr später kam eine Abmahnung eines Anwaltbüros über DM 600.- unter Androhung einer Strafanzeige. Zweierlei haben wir daraus gelernt: die Achtung von Urheberrechten und den Respekt vor den technischen Möglichkeiten, Verstöße aufzuspüren.

Im Folgenden dokumentieren wir einen Fall, bei dem unsere eigenen Arbeiten missbraucht wurden. Bemerkenswert erscheint die Geringschätzung der Problematik bei Nutzern des Internets, die aus einigen Äußerungen hervorgeht. Anders jedoch bei jenen, die aktiv etwas gestalten.

Vielleicht ist dies nicht nur eine Dokumentation, sondern auch eine Vorlage zum fachübergreifenden Unterricht. Relevante Fragestellungen sind als Aufgaben formuliert.



Die Akteure
 
   
DER AUTOR Lehrer am OSZ und ausgewiesener Fachmann für Schulinformatik und Didaktik. Sieht sein Herzblut leichtfertig und achtlos von Fremden vergossen.
 
LEHRER V. *) Der Verwerter. Ist Lehrer am X-Gymnasium. Will für seine Schüler nur das beste; darf aber nichts kosten, eigene Arbeit ist mühsam und muss denn das Rad immer neu erfunden werden....?
Webmaster - müsste sich also mit Publikationsfragen des Internets auskennen.
 
DIREKTOR X. Leiter des X-Gymnasiums. Ist besorgt um den Ruf seiner Schule, glaubt mehr an die ordnende Kraft von Verfahrensfragen als an offensichtliche Fakten.
 


*) Namen der betroffenen Schule geändert.

 

Die Dokumente Was dem AUTOR dabei so in den Sinn kam ...
19. Feb.

- Das Original   (Auszüge)

- Der Copyright-Vermerk

- Die Kopie   (Auszüge)

__________
AUFGABE 1

Der AUTOR  entdeckt zufällig bei der Analyse der OSZ-Web-Zugriffsstatistik ein Dokument, das Originaltexte aus seiner Feder enthält, leider unter fremdem Namen und ohne Quellenangabe, ohne Genehmigung - oh lala, das ist starker Tobak! Die gesamte Arbeit zu OOP, knapp 45 Seiten.

Nach ein paar Klicks in Google steht fest:

41 Seiten gehören dem Autor,
  2 Seiten anderen Kollegen,

veröffentlicht als Werk des X-Gymnasium, Fachbereich Informatik, kein Datum, kein namentlich Verantwortlicher.
 
20.

- Abmahnung AUTOR an DIREKTOR X

- Veröffentlichung des AUTORS im OSZ-Web

- E-Mail AUTOR an DIREKTOR X

__________
AUFGABE 2
 

Nachdem sich der erste Zorn gelegt hat, schreibt der AUTOR drei Texte. Da im Plagiat kein Name genannt ist, ist Ansprechpartner der Schulleiter (im Prinzip sowieso).

Wie sich das gehört, wird DIREKTOR X vorab von der Veröffentlichung informiert, damit er noch Stellung nehmen kann.
23.Feb.

- E-Mail Lehrer V. an AUTOR

Sonntag Abend - beste Fernsehzeit, mitten im Film - Anruf von Herrn V.: ".. offensichtlich etwas schief gelaufen ... die Bücher sind so teuer ..."
So kann man das auch begründen!
 
24.

 

Anfrage, ob wohl bei den anderen Autoren Genehmigung eingeholt wurde? Bei Kollege P. nicht, beim Kollegen U.H. aus Westdeutschland auch nicht.
 
25.   G.I.-Tagung in Potsdam. Kollegen, die man eher als besonnen kennt, raten zu "mit voller Härte gegen an gehen ... exemplarische Aktion ... Anwalt."
Um Himmels Willen - soll ich gegen Schulmeister vor Gericht ziehen?
 
27.

- E-Mail Lehrer V. an AUTOR

__________
AUFGABE 3

Er hat dabei nur an seine Schüler gedacht. Diese Lehrer braucht das Land!
Aber er beteuert, dass es ist jedoch nicht zutreffend sei, dass Namen und Ursprung gelöscht wurden, da diese Angaben nicht mit kopiert wurden.
Bei der Argumentation würde mancher Anwalt blass vor Neid werden! Nur - eine Quellenangabe ist eben nicht drin.
 
28.

- Antwort AUTOR an  Lehrer V.

- Erinnerung an DIREKTOR X
 

 
02.März Immer noch keine offizielle Antwort vom X-Gymnasium
 
03.

- E-Mail DIREKTOR X an OSZ-Leiter,
   (Kopie an Lehrer V. und AUTOR)

- E-Mail DIREKTOR X an OSZ-Leiter

__________
AUFGABE 4
 

Der DIREKTOR ist von  anderem Kaliber. Er schreibt nicht an mich, sondern von Schulleiter zu Schulleiter mit der Bitte um Unterstützung. Er sieht das Ansehen seiner Schule durch mich gefährdet, nicht durch das Fehlverhalten eines seiner Lehrer - das Muster kennt man.
05.

- Abmahnung OSZ-Leiter an DIREKTOR X

 

Gespräch AUTOR und OSZ-Leiter. Nach Prüfung der Unterlagen ist für ihn die Sache eindeutig.
 
12.

- Antwort DIREKTOR X an OSZ-Leiter
 

Ärmlich. Nichts von der Noblesse, die man bei einem Excellence-Center erwarten würde.

Immer noch keine offizielle Antwort vom X-Gymnasium.
Am
23.02. war der Link im X-Gymnasium gelöscht.
11.03. die HTML-Version bei Google gelöscht.

 


UrhG § 97: Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann vom Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung und, wenn dem Verletzer Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt, auch auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden. An Stelle des Schadenersatzes kann der Verletzte die Herausgabe des Gewinns, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, und Rechnungslegung über diesen Gewinn verlangen.
 

 


UrhG § 106: Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke

(1) Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.
 

 


21. Juli 2011 ©  Siegfried Spolwig

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