Jan Gabriel,
14.01.2003

Mädchenanteil in Grundkursen Informatik

An der Gesamtschule findet sich die Verteilung:

Jahrgang

Gesamtzahl

Mädchenanteil in %

11

2068

43,8%

12

462

24,2%

13

199

14,6%

Am Gymnasium :

Jahrgang

Gesamtzahl

Mädchenanteil in %

11

24247

42,1%

12

5637

16,8%

13

3280

11,2%

Noch geringer ist der prozentuale Anteil der Mädchen in Leistungskursen. Im 12. Jahrgang des Gymnasiums nahmen 18 Mädchen teil, das sind 7%. Im 13. Jahrgang waren es 27 Mädchen, das entspricht 10,3%.

Quelle

Frauen in Studium, Forschung und Lehre an der Universität Passau (Stand 1992)

          
Juristische
Fakultät
Fakultät d.
Wirtschafts
wissensch.
Philosophische
Fakultät
Fakultät f.
Mathematik &
Informatik
Katholisch-
Theologisch
Fakultät
Anteil der     in % 49,01 50,99 40,41 59,59 64,84 35,15 11,7 88,3 30,34 69,66
StudentInnen   im Ø 43,85 50,15 60,52 39,48 60,89 39,11 14,12 85,88 20,79 79,21
                     
wissenschaftl. in % 31,67 68,33 25,9 74,1 25 75  8,7 91,3 13,3 86,7
Personal       Personen 19 41 14 40  9 25  4 42 2 13
                     
Professuren    in % 0 100 0 100  2,5* 97,5  0 100 0 100
               Personen 0 17 0 11 1 C3 38/40  0 12 0 15
                     
Promotionen    in % 16 84 17,02 82,98 25,49 74,51 11,76 88,24 0 100
               Personen 12 63  8 39 13 38 2 15 0
                     
Habilitationen in % 0 0 100 0 12,5 87,5 0 0
               Personen 0 0 1 0 1 8 0 0
F M F M F M F M F M


Ø = errechneter Durchschnitt der Jahre 1984-1992
* = Professorin für Musikpädagogik
F = Frauen
M = Männer

Quelle

Ergebnisse aus der Schule

Bevor Mädchen am Computer arbeiten, wollen sie wissen, wozu diese gebraucht und wo sie
praktisch angewandt werden können, wozu Computer prinzipiell in der Lage sind. Es geht ihnen also
zunächst darum, die Zusammenhänge zu begreifen. Erst danach setzen sie sich gerne an den
Rechner. Dabei haben sie ein stärkeres Bedürfnis nach kooperativer Arbeit. Sie wechseln sich ab
und kommunizieren über das, was sie tun. Sie sind vorsichtig, um nichts zu zerstören. Sie wollen
systematisch vorgehen und darüber reflektieren, was sie an den Geräten machen. Sie
entwerfen ein Programm zuerst mit Bleistift und Papier und geben es erst ein, wenn sie eine
uniforme Lösung gefunden haben.

Für Jungen ist diese Herangehensweise nahezu indiskutabel. Sie können es nicht erwarten, die
Computer auszuprobieren, spielen mit der Tastatur, versuchen meist auch ohne Vorkenntnisse durch
Versuch und Irrtum weiterzukommen. Sie entwickeln oft an einem Beispiel ein Programm und
das direkt am Bildschirm. Viele entwerfen ein Programm erst dann auf dem Papier, wenn sich bei
der Beispiel-/Versuchsmethode Schwierigkeiten ergeben. Zusammenarbeit mit anderen Schülern
ist selten.

Durch unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten zum PC (viel weniger Mädchen als Jungen haben
diese Möglichkeit) ergeben sich sehr ungleiche Vorerfahrungen. Der hieraus erwachsende Konkurrenzdruck
macht den Informatikunterricht häufig unbeliebt und führt zu den extrem hohen
Abbruchquoten, auch bei Jungen!
Im Informatik-Unterricht jedoch fragen Mädchen beharrlich nach Gebrauchswert und Anwendungsbereichen
des Computers, Fragen, die sich die Jungen nicht stellen und die sie auch nicht
beantworten können. Diese Tatsache bringt Mädchen zu der Überzeugung, daß die
Computermanie bedenklich sei. Sie haben eine wesentlich pragmatischere Haltung, wollen
im Vergleich zu Jungen viel stärker den Bezug zur Realität herstellen, sie sind sehr an der möglichen
berufspraktischen Umsetzung ihrer im Unterricht erworbenen Erkenntnisse und Fähigkeiten interessiert.
Die Münsteraner Untersuchung fand heraus, daß Mädchen sehr viel mehr als Jungen
wünschen, über Datenschutz, gesellschaftliche Folgen und angewandte Datenverarbeitung, aber
auch mehr über Programmiersprachen, Betriebssysteme und Datenstrukturen unterrichtet zu
werden, weniger jedoch über Hardware.

Ihr Interessensspektrum ist allgemein breiter als das der Jungen. Die Interessenverteilung
auf die Schulfächer ist z.B. bei Mädchen ausgewogen und kaum durch die Teilnahme
am Informatikunterricht bestimmt. Dies gilt vor allem für Mädchen, die in Mädchenschulen
unterrichtet werden, während Mädchen von koedukativen Schulen stark in rollentypische
Interessenslagen gedrängt werden oder sich drängen lassen. Jungen hingegen, die Informatik gewählt haben, zeigen extremes Interesse
an naturwissenschaftlich-technischen Inhalten, kaum aber an sprachlich-künstlerischen oder
gesellschaftswissenschaftlichen Inhalten.

Die Frage nach den Lieblingsfächern zeigt, daß die von Mädchen gewählten Fächer für sie durchaus
nicht die beliebtesten sind, während dies bei den Jungen wohl der Fall ist. Mädchen geben oft das
Kurssystem als Grund z.B. für die Abwahl von Informatik an. Es könnte also sein, daß die Kombinationsmöglichkeiten
des Kurssystems und die Lehrpläne stark auf die Interessen von Jungen
ausgerichtet sind und die Mädcheninteressen zu wenig berücksichtigen. Erfahrungen in England
haben gezeigt, daß Computerkurse an Schulen, die die anderen, weiblichen Anforderungen
an Didaktik in diesem Fach berücksichtigen, die Haltung der Mädchen zu dem Fach signifikant
ändern, Mädchen ebenso motivieren wie Jungen, mehr noch, daß solche Didaktik die Fähigkeiten
der Mädchen auf diesem Gebiet auf einen höheren Stand bringt als die der Jungen. Mädchen werden
dadurch keine Hacker oder Computerfreaks, aber sie gewinnen ausgesprochen Spaß an dieser Arbeit
und schätzen die Vorteile des Computergebrauchs und die Varietät der möglichen Anwendungen.
Es ist dort überdies festgestellt worden, daß die meisten Mädchen, jedenfalls im Informatikunterricht,
die ruhigere Atmosphäre ohne Jungen bevorzugen und daß keine von ihnen lieber mit
den Jungen zusammen lernen möchte.

Quelle

 

Reformen !?

Arbeitskreis Studienreformen der Fachgruppe Frauenarbeit und Informatik
in der Gesellschaft für Informatik (GI) e.V.

 

Forderungen an einen mädchen-gerechten Informatikunterricht

Meine Erfahrungen als Informatiklehrerin zeigen, daß der Unterricht in Informatik, so wie er im allgemeinen erteilt wird, größtenteils für Mädchen ungeeignet ist. Er richtet sich vorwiegend an Jungen, die auch außerhalb der Schule das "Computern" zu ihrem Hobby erklärt haben. Also muß der Informatikunterricht geändert werden. Es ergeben sich folgende Möglichkeiten.

 

Wahl der Inhalte

Die Wahl des Unterrichtsstoffes ist von zentraler Bedeutung: Es gibt Themen, die Mädchen und andere die Jungen mehr interessieren. Die umfassende Darstellung, die Einbettung in übergeordnete Zusammenhänge, erleichtert Mädchen den Zugang zu einem neuen Thema. Das Projektthema Expertensysteme ist z.B. für Mädchen geeigneter an einem medizinischen Expertensystem als an einer Kfz-Fehlerdiagnose zu bearbeiten.

 

Sprache und Expertentum

Das Spektrum der Vorerfahrungen ist breit gestreut. Das von Hackern benutzte "Computer-Chinesisch" muß kritisch hinterfragt und auf seine Relevanz überprüft werden. Mädchen lassen sich durch Sprache leicht bluffen und resignieren dann schnell.

Rechnerspezifische Kenntnisse, Tricks und Spezialwissen aus einem kleinen Bereich dürfen nicht im Mittelpunkt des Informatikunterrichts stehen.

 

Relativierung der Anforderungen

Der Stellenwert der Informatik muß reduziert werden auf den eines unter mehreren Fächern, so daß durchschnittlich begabte Schüler und Schülerinnen auch durchschnittliche Leistungen erbringen können. Das "beste" Programm darf nicht ausschließliches Beurteilungskriterium sein.

 

Kooperation statt Konkurrenz

Soziale Kompetenz muß einen höheren Stellenwert erhalten. Das oft zu beobachtende konkurrierende Verhalten muß durch kooperatives Arbeiten, durch Teamarbeit ersetzt werden.

 

Sensibilisierung der Lehrkräfte

Viele Lehrkräfte orientieren sich immer noch an den wenigen Hackern und bestreiten mit diesen den Unterricht. Über Lehrerfortbildung sollten die Lehrkräfte Gelegenheit bekommen, ihr eigenes Verhalten zu hinterfragen, Interaktionen zu erkennen und sich mit dem unterschiedlichen Verhalten der Geschlechter vertraut zu machen und die dann notwendigen neuen Methoden im Unterricht anzuwenden.

 

Quelle:

Hiltrud Westram, geb. 1944,
Studium der Fächer Informatik, Mathematik und Physik,
seit 1972 Lehrerin am Gymnasium,
seit 1990 stellvertretende Schulleiterin.

St.-Michael-Gymnasium
52156 Monschau